Die große Fahrt der Equinoxe

Die große Fahrt der Equinoxe, Standortmeldung 20 Gesendet: Freitag, 10. Juli 2009 Salvador da Bahia und Chapada Diamantina Liebe Leute, nun dürfen wir Salvador da Bahia und die Baía de Todos os Santos (Allerheiligenbucht) mit ihren zahlreichen Inseln und Buchten erkunden. Amerigo Vespucci lief am 01.11.1501 in eine große Bucht und gab ihr den Namen nach diesem Tag. In diesem Abschnitt unserer Reise erfahren wir ein vorzügliches Segelrevier, einige vortrefflich ausgestattete Häfen, sichere und windgeschützte Ankerplätze und Strände mit prächtigen Badegewässern. Zugleich werden mit den vielfältigen Versorgungsmöglichkeiten langgehegte Ausrüstungswünsche wieder geweckt. Auch soll uns die Bai nach den Erkundungen eine gewünschte urlaubsmäßige Erholung bieten. Zuerst zu Salvador da Bahia (weil es das Bundesland Bahia ist) Der historische Name lautet São Salvador da Baia de Todos os Santos (Heiliger Erlöser von der Bucht der Allerheiligen). Von Norden segelnd empfängt uns schon von weitem ein nicht geahntes Großstadtpanorama, davor erkennen wir Sandstrände, weiße Sände mit Badegästen, kleinen Bars und Restaurants: Urlaubskulisse. Wir passieren den südlich der Bucht stehenden Leuchtturm und legen den Kurs steuerbords in die Bai. Passieren einen Yachtclub, dessen Boote ausschließlich an Mooringtonnen oder vor Anker liegen. Die Zufahrt wird über eine grüne und eine rote Tonne signalisiert. Wir halten Kurs Nord. Der folgende Hafen bietet alle Annehmlichkeiten (auch ShipShop, Bar und Restaurants), jedoch werden Passanten zu dem folgenden Hafen, der Marina Centro Nautico, verwiesen. Also einige Hundert Meter weiter; runden das Fort Sâo Marcelo und können einen Stegplatz in der stadtnahen, sicheren und sauberen Marina ansteuern. Der Skipper der holländischen MamaSan, den wir aus Recife kennen, ist schon dort und nimmt unsere Leinen entgegen. Schnell informiert er über das Notwendigste und am Abend können wir gemeinsam mit dem, dem Hafen gegenüberliegenden Elevador Lecerda (Aufzug) in die Oberstadt fahren und im Pelourinho, dem historischen Viertel, ein Restaurant aufsuchen. Am folgenden Tag findet wieder einmal die gewohnte Prozedur der Einklarierung statt. Und wieder einmal zieht Berthold den Vergleich mit deutschen Behördenbüros, deren Personal und deren Ausstattung. Salvador besitzt viele Gebäude aus seiner Glanzzeit, doch vieles kann nicht erhalten werden und verfällt. Oft sind nur noch die Außenwände vorhanden. Während unseres Aufenthalts stürzt in der Unterstadt ein Gebäude ein. Glücklicherweise kommt niemand zu Schaden. Es herrscht reger Autoverkehr und so fällt uns besonders hier auf, dass es nur wenige Zebrastreifen mit Ampelanlagen gibt. Als Fußgänger heißt es schnell zu sein, um eine Straße zu queren. Die Autofahrer vermeiden es zu bremsen, sie hupen aber mehrmals. Die günstigste Gelegenheit für einen Seitenwechsel bietet ein Stau. Die Bürgersteige bzw. Fußwege sind in der Regel überholungsbedürftig. Waren sie doch einmal so vortrefflich gepflastert, werden die Unebenheiten, Vertiefungen und Lücken nun manchmal mit Sand aufgefüllt. Meistens sammelt sich jedoch nur Unrat in ihnen. So ist fehlendes Haushaltsbudget offensichtlich. Von morgens bis spät in die Nacht herrscht reges Treiben. Unzählige Verkaufsstände bis hin zum Bauchladen bevölkern die Gehwege, bieten an Kleinigkeiten zu Essen, Erfrischungsgetränke, besonders zu erwähnen sind frische Kokusnüsse, in die ein Loch geschlagen wird und deren Inhalt mit einem Strohhalm getrunken wird (1,20 bis 1,50 Real), alle beliebten Tropenfrüchte und auch wiederkehrend krammarktmäßige Utensilien. Grundsätzlich sind die Essenswaren sauber, gepflegt und schmackhaft. Getränke (Dose, Flasche etc.) werden vom Käufer selbst oder unter seinen Augen geöffnet. Das Gesundheitsministerium rät in einer ansprechenden Infobroschüre unter anderem, unsaubere Küchen oder Restaurants nicht aufzusuchen bzw. sie zu verlassen. Wir haben das Gefühl, es trägt Früchte. Ab und zu sogar bis in die Sanitäran- lagen hinein. Es gibt alles in allen Qualitäten zu kaufen, die Frage ist nur wo? Aber hat man dann die Straße der Schuhmacher, der Eisenwaren- handlungen, der Plastikartikel, der Tuche und Stoffe, des Angelzubehörs usw. gefunden, ist ein Großteil des städtischen Angebots nahe beieinander. Pelourinho Ó paí, ó” – so heißt ein brasilianischer Spielfilm über den touristischen Stadtteil Pelourinho (”Schandpfahl”) und seine Bewohner in Salvador da Bahia; zu erstehen u. a. als Raubkopie für fünf Real bei den Straßenhändlern vor dem Lapa Shopping Center, unweit des Praça Piedade im Zentrum Salvadors. Ein Streifen, der anders als die mit Preisen ausgezeichneten Filme “Tropa de Elite” oder “Cidade de Deus” eher weniger auf spektakuläre Szenen von Bandenkriminalität setzt, sondern humorvoll den Alltag in diesem Viertel und dieser Stadt skizziert: Trotz Minimo Salárío (Mindestverdienst, etwa 400 Real monatlich inklusive freier Kost und Logis) mogelt man sich erfolgreich durch den Alltag, sucht seinen persönlichen Jeitinho (Trick des Überlebens), lebt für den Augenblick und den nächsten Karneval – es wird auf den Straßen zugleich gestorben und geliebt und getanzt. Es ist die Energie der Menschen, die niemanden kalt bleiben lässt. Jorge Amado, Salvadors berühmtester Schriftsteller, bemerkte dazu einmal: “Das Volk ist stärker als die Armut. Auch wenn das Überleben vor lauter Schwierigkeiten und Grausamkeiten fast unmöglich erscheint, das Volk lebt, kämpft, lacht, gibt nicht auf.” Man tut gut daran, hinter die Kulissen zu schauen, denn aufgrund der günstigen Flugverbindungen nach Salvador da Bahia boomt die Stadt als neues Tor zu Brasilien. Und die europäischen Touristen gelangen alle früher oder später in den Stadtteil Pelourinho, sind hier doch die bedeutendsten Kolonialbauten, Museen, Kirchen und eine komplette historische Barockstadt aus der Portugiesenzeit zu besichtigen. Man kann tapsige Reisegruppen aus Spanien, Portugal, Argentinien, Holland oder Deutschland beobachten, die mit eigenem Sheriff und Reiseleiter über das Kopfsteinpflaster der Gassen geschleust werden, unangenehm berührt von zahnlosen Bettlern mit aufgeblähten Bäuchen (fast immer ein Zeichen von Wurmbefall und auf verunreinigtes Trinkwasser zurückzuführen) und aufdringlichen Schmuckverkäufern, die bunte Candomblé-Bändchen als gratis Presente anbieten und doch nur ihre überteuerten Holzketten verkaufen wollen. Auch in Brasilien wird ein Geschenk gewöhnlich mit einem Gegengeschenk beantwortet. Capoeira-Tänzer und Frauen in traditionellen Kostümen posieren für zehn Real vor den ausländischen Digitalkameras und Camcordern, oftmals routiniert wie Heidi Klum. Später verweilt man in einem dieser romantischen Cafés in der Altstadt, sitzt auf Plastikhockern, die schief auf dem Kopfsteinpflaster aufliegen und lauscht versonnen den brasilianischen Liedermachern mit ihrer Akustikgitarre. Die Kellner in den blütenweißen Hemden servieren den Touristen aus Übersee überteuertes Bier für fast 8 Real (inklusive Zuschlag für die Musiker und Service) und ernten dafür ein schüchternes “Obrigado”. Die Romantik bröckelt dann doch irgendwann. Zu späterer Stunde wechseln nämlich Ware und Gäste, es erscheinen die Mariposa de la Noite, die Garotas de Programa, die auf Gringofang gehen und sich hier vor der Nachtschicht für fünf bis zehn Real die Nase pudern – Kokain kostet in Brasilien nur einen Bruchteil des europäischen Marktpreises. Man kennt sich, Kellner und Mädchen zwinkern einander zu, es gibt wenig neue Gesichter in der vertrauten Szene und die Toilette ist oft besetzt. In der schmuddeligen Gasse hinter den Touristenrestaurants wanken betäubte Gestalten durch die junge Nacht. Die unverwüstlichen Klassiker von Bob Marley, neben Nelson Mandela und Malcom X, einer der Helden des schwarzen Salvadors, wehen über das raue Kopfsteinpflaster. Musicá de Malandros – Gangstarap für die einen, Befreiungsmusik für die anderen. Am Morgen erscheint hier regelmäßig ein Trupp städtischer Angestellter mit einem Hochdruckreiniger und kärchert die Reste der vergangenen Nacht in das Universum. Nebenan beklagt ein Münchner Kneipenwirt, seit 13 Jahren im Pelourinho beheimatet, dass seine Gäste selbst Glühbirnen und Klopapier vom Lokus klauen würden. Ab sofort, so sein Plan, wird die Toilette so eng zugemauert, dass sich nur noch eine Person hineinzwängen kann. Warum? Nun ja, auf diese Weise gäbe es keine ausschweifenden Sex- und Drogenpartys mehr auf der Klobrille, also weniger Diebstähle und keine lästigen Polizeikontrollen, die mit aufgehaltener Hand nach „Bakschisch“ verlangen. Denn als Gringo, das ist klar, zahlt man hier immer für andere mit – Brasilien eben. An den strategischen Punkten wacht durchaus das Auge des Gesetzes über den europäischen Touristenstrom, oftmals mit blinkenden Digitalkameras und kostbaren Uhren behangen. Aber auf diese unmotivierte Truppe ist nicht wirklich Verlass, zu gering ist das Einkommen (etwa 800 bis 1.000 Real monatlich), zu verbreitet die Korruption, zu groß das Desinteresse, einem beklauten Touristen beizustehen: Wer sich ein Flugticket nach Brasilien leisten kann, der kann sich auch eine neue Kamera kaufen. Ein weiteres Problem ist die schwerfällige Justiz Brasiliens – nur rund 10% aller Gewalttäter werden rechtskräftig verurteilt. Also stehen die Uniformierten, wenn sie nicht gerade wieder streiken oder dunkelhäutige Verdächtige verhaften, sonntags grinsend in ihrer Wache und amüsieren sich über die Schlangen von herausgeputzten Touristen, die für ein Konzert der Sambagruppe Olodum neben der Casa de Journalista anstehen. Der Eintrittspreis beträgt dreißig Real und wird ohne mit der Wimper zu zucken gezahlt. Eine Summe, für die sich die Mädchen in der schmuddeligen Cidade Baixa (Unterstadt) bereits verkaufen oder gut gelaunte Drogenhändler bis zu fünf Gramm Kokain verhökern. Daneben die zerlumpten Dosensammler, die das zerdrückte Leergut der Touristen einsammeln und in riesigen Plastiksäcken hinter sich herziehen (manchmal auch mit Diebesgut gefüllt), und die für dreißig Real wohl bald eine Woche lang arbeiten müssten. Und auch der strubbelige Straßenjunge ist wieder da, der immer mit den drei Kokosnüssen vor den Touristen jongliert und auf diese Weise hin und wieder ein durchaus attraktives Einkommen erzielt. Sein Freund ist ein einäugiger Straßenhändler, ein Cachaçeiro (Säufer) mit schmierigem Handkarren, der einzelne Zigaretten, Streichhölzer und Bonbons für wenige Centavos anbietet. Eine Welt, in der die großen Fische die kleinen auffressen. Und so ist es hier im Pelourinho der auffällige Kontrast zwischen arm und reich, der sich immer wieder unerfreulich bemerkbar macht. Normale Baianos lassen sich hier denn auch so selten wie möglich blicken, gilt der Stadtteil doch als touristisches “Disneyland”, in dem alles völlig überteuert ist und sich nächstens nur verdorbene Mitmenschen herumdrücken. Doch auch in der Unterstadt fällt uns besonders der arme Teil der Bevölkerung auf. Neben den mit Obst und Gemüse prallgefüllten Marktständen bietet ein Großteil der Verkäufer seine Habseligkeiten an. Auf einem Hocker werden über mehr als 2 Wochen 3 Paar alte Schuhe angeboten. Bonbons, Kaugummi und Lutscher, deren Verpackungen einen längerfristigen Straßenaufenthalt bezeugen, werden auf etwa hockergroßen Tischchen feilgeboten. An anderer Stelle sind es einige Gummiringe und Nähnadeln. Doch ein Anblick, an den wir uns nicht gewöhnen können, ist, dass zwischen den Ständen oder an den Bürgersteigrändern Menschen, spärlich bekleidet nur auf einem Stück Karton liegend ihren Schlafbedarf erfüllend dahinleben. Gern wählen sie auch die Nähe von Bankeingängen. Der Anteil junger drogensüchtiger Menschen erklärt die fortwährende und manchmal aggressive Bettelei gegenüber den Touristen. Bis abends spät laufen auch noch Kinder den ausländischen Touristen nach. Eine, mit entblößtem Bauch unverkennbar schwangere Frau war über eine Absage so erbost, dass sie der absagenden Frau mit ihren Fingernägeln über die Arme strich und ihr so einige heftig blutende Kratzer beibrachte. Wir geben grundsätzlich kein Geld, sondern haben für die Bitten, die fast immer mit Hunger- und Essgebärden unterstrichen sind, einige Paketchen Plätzchen oder etwas Obst im Rucksack. Einem schauspielerisch dem Zusammenbruch nahe bettelndem Jungen kaufte Christel unmittelbar vom handweit entfernten Obststand eine Banane mit der Frage, ob er noch mehr möchte. Enttäuscht zog er von dannen. Nach 20 Metern warf er die Banane in die Gosse. Christels Großmut ist seitdem etwas abgeschwächt. Die Baia als Segelrevier Mit seiner Inselwelt lockt uns die Baia als DAS Segelrevier. Fotos mit vielen Booten darauf zieren Reisekataloge. Schon bei unserer Einfahrt in die Baia sahen wir etwa zehn Ozeanfrachter, Container und Tanker, vor Anker liegen. Doch keine Segler. Und nun, wo wir das Revier erkunden, sind wir fortwährend allein segelnd auf dem Wasser. An allen Tagen auf der Baia haben wir maximal 3 Boote unter Segeln gesehen. Die farbenprächtigen Fotos von spinnakerfahrenden Booten stammen also von der jährlich im August stattfindenden Regatta. Wir überschlagen mal: in der Baia sind insgesamt soviel Boote wie in einer großen europäischen Marina. Der Anteil der ausländischen Boote wird bei etwa 50 liegen. Davon sind etwa 25 Eigner auf Heimaturlaub. Der Rest trifft sich immer wieder im Hafen und vor Anker, tauscht Neuigkeiten und die Adressen günstiger Beschaffungsquellen aus. Als erstes segeln wir in die Bucht von Aratu. Die Equinoxe legen wir an eine freie Mooringtonne. Schnell das Dinghi klargemacht. Am Steg des Iate Clube begrüßen uns ganz herzlich Kurt und Karin von der Aleppo und Erich und Christiane von der Delphin. Es gibt viel zu erzählen und der Abend wird lang. In der Bucht sind zwei Clubs ansässig. Gäste können an Mooringtonnen festmachen oder ankern. Es werden Wassertaxi, Sanitärräume, WiFi und Restaurant geboten, in einem sogar Swimmingpool. Auch hier wird Sicherheit großgeschrieben. Beide Clubgelände sind eingezäunt und bewacht. Nachts fährt der Sicherheitsdienst mehrmals alle die an Mooring liegenden bzw. ankernden Boote an und kontrolliert. Nach einigen Tagen ankern wir zwischen den Inseln Ilha do Frade und Ilha Bom Jesus. Dank Iridium sind wir auch hier kommunikationsfähig und können mit unseren Lieben zuhause die Osterwünsche austauschen. Am Ostersonntag machen wir uns auf den Weg (das heißt Fahrt mit dem Dinghi) zum Kirchgang, doch leider waren 2 Kirchen verschlossen. Und das am hochheiligen Ostertag. Etwas unverständlich. Da hat offensichtlich die Religiösität etwas gelitten. So haben wir auf schmalen Pfaden die Inseln erkundet und so etwas wie den brasilianischen (Ur)Wald kennengelernt. Dichter Bewuchs, so dass nur ein Durchkommen mit der Machete möglich wäre. Kleine Ortschaften, die aus der Ferne niedlich und einladend aussehen entpuppen sich als für uns nicht so wünschenswertes Domizil. Ein Großteil der Straßen ist ungepflastert und weil es immer mal regnete (kurze kräftige Schauer) läuft ein Rinnsal Wasser durch die Straßen und spült den Sand mit sich. 95 % der Hütten, Häuser, Unterkünfte sind unfertig bzw. renovierungsbedürftig. Wir hatten die Möglichkeit, mal in einige Häuser hinein zu sehen, weil viele Türen offen stehen. Ein großes Sofa und ein großer Fernsehbildschirm nehmen den Hauptteil des Wohnraums ein. Die Menschen sind freundlich, wir grüßen uns, sie machen einen zufriedenen Eindruck. Bei unserer Weiterfahrt mit dem Dinghi passieren wir eine kleine Insel mit Holzhäuschen, sauberen Anlagen, Restaurationsbetrieb. Ein kleiner Bootsanleger ist vorhanden und schon ist das Dinghi angebunden und wir zur Erkundung gerüstet. Security erscheint: Die Insel ist leider nur von angemeldeten Gäste zu betreten. Wir müssen weitertuckern. So fragt dann Christel auch am Abend, als wir klatschnass an Bord zurückkommen, wir bekamen unterwegs mit dem Dinghi nämlich noch eine kräftige Dusche Süßwasser: Was machen wir hier eigentlich im brasilianischen Wald? Wir sind auf den Spuren Humboldts. Dann, wie jeden Tag um 18:00 Uhr wird die Dämmerung innerhalb von 20 Minuten in Dunkelheit umschlagen, erreicht uns aus dem Busch ein wildes Zirpen, Pfeifen und Rufen vieler Tiere. Langsam zieht noch ein Einbaum mit zwei Schwarzen an uns vorbei heimwärts; wir wähnen uns im Urwald. Wir lauschen dem Ganzen, hören noch einige Vögel ihrem Schlafplatz zufliegen, einige Fische durchbrechen plätschernd die Wasseroberfläche, es gibt was zu fressen oder sie werden gejagt. Derweil servieren wir uns ein Bier aus der Kühlbox, die dank Sonnen- und Windenergie eine wohlbekommende Trinktemperatur gehalten hat. Wir besuchen die Insel Itaparica, von der der Schriftsteller João Ubaldo Ribeiro sagt, dass hier ein permanenter Intensivkurs in der schwierigen Kunst des Nichtstuns gehalten wird. Wir mögen Itaparica mit seinem kleinen Hafen, den vielen Ankerplätzen und seinen weißen Stränden und äußern uns zu gewissen Aussagen nicht. Eine Fahrt den Rio Paraguaçu flussaufwärts bringt uns nach Maragogipe. Hier in der ländlichen Region findet jeden Samstag ein Markt statt. Für uns ist es ein Muss. Wegen der Gezeiten verlassen wir erst am Freitag zu Mittag den Ankerplatz bei Itaparica. Es ist wenig Wind und so erfahren wir noch einen nächtlichen, stockdunklen Ankeraufenthalt in einer Flussbiegung. Am Samstagmorgen können wir vor der langen Mole unseren Anker auswerfen. Nach uns kommen noch 3 Segelboote. Weitere Besucher kommen mit der täglich verkehrenden Fähre. Erst einmal am Markt sehen wir die weiteren Transportmittel: Fahrrad, Motorrad mit großen Seitentaschen und/oder Anhänger, viele Pickup-Autos, einige werden ihre Einkäufe von ihrem Esel heimtragen lassen. Doch für uns völlig überraschend kommt eine Vielzahl per Pferd, die beidseitig große Satteltaschen bzw. –Körbe tragen. Ein Besucher kommt per Ochs auf messingbeschlagenem, reich verziertem Sattel. Auch hier große Körbe, die den Einkauf sicher nach Hause bringen sollen. Leben, wie wir es nur aus dem Film kennen. Die offene Tür und der freie und zugleich einzige Frisierstuhl eines weniger als garagengroßen Salons lädt Berthold zu einem Schnitt von Kopf- und Barthaar ein. Der Friseur ist begeistert. Wahrscheinlich der erste Ausländer. Gekonnt erfüllt er die Wünsche und ungefragt seift er Berthold ein und rasiert ihn auch noch. Alles zusammen für 7,50 Real. So günstig rasiert verbleiben uns einige Centavos für Brötchen zu kaufen. Christel bedeutet der Verkäuferin mehrfach per Stimme und Handzeichen, dass sie 5 möchte. Sie freut sich über die Bestellung und zugleich bietet sie an, von einem großen Kuchen zu probieren (mmmh lecker) und kurz darauf wird eine übergroße Tüte in den Verkaufsraum getragen. Für uns? Wir prusten los. Die Verkäuferin hat Christels Ansagen vermutlich addiert und will uns die Tüte mit etwa 30 Brötchen über die Theke reichen. Glücklicherweise konnten wir – nun gemeinsam lachend – den Kauf rückgängig machen. Noch einmal, und nur einmal „cinco“ und die geöffnete Hand gezeigt bescherten uns die ersehnten fünf Brötchen. Zwischenzeitlich hören wir im Baia-Funk, dass Björn und Astrid von der Buena Vista alle deutschsprachigen Segler zu einem TO-Treffen (Verein Trans-Ocean) informieren. Auch Günter und Anne sollen mit ihrer Mingula inzwischen eingetrudelt bzw. von der Delphin in den Hafen geschleppt sein (Motorpech). Es treffen sich neben dem TO-Stützpunktleiter die Besatzungen von 8 Booten zum Besuch einer Churrascaria. Dieses ist ein Restaurant brasilianischer Art. Entree, Suppe, Gemüse, und Nachtisch und Eis werden buffetmäßig vorgehalten. Fleisch: vom brasilianischen Rind Hüftsteak, Rumpsteak, Filetsteak, Entrecôte, Filet Mignon und Picanha, aber auch Lammfilet, Schweinefilet und Schinken werden von den Cortadores (Grillmeister) unmittelbar am Tisch vom Spieß geschnitten. Soviel der Gast möchte. Zur Signalisierung eines Wunsches bzw. der vorübergehenden oder endgültigen Sättigung liegen bierdeckelgroße Karten am Platz, eine Seite grün = Hunger oder Durst und die andere rot = satt. Es wird ein vergnüglicher Abend, an dem wieder Erfahrungen ausgetauscht werden, besonders über die südlich und nördlich von Salvador vorhandenen Ankermöglichkeiten. Einige Tage darauf möchte die Delphin nach Rio de Janeiro starten. Diese Zeit mit stetigen Süd- oder Südostwinden ist gar nicht günstig, doch die Leinen werden gelöst und mit Sirenengeheule und Kusshändchen wir sie aus dem Hafen verabschiedet. Die MamaSan ist inzwischen in Rio angekommen. Ruud berichtet von viel Wind von vorn, aber auch von gewissen Zeiten ohne Wind. Heißt also viel motoren und Tankstopps einzulegen. Später hören wir auch von der Delphin, dass die Winde sehr ungünstig waren. Zwei Tage gegen den Wind kreuzen brachten ihr 10 Meilen Süd und 30 Meilen West. Auch hier Tankstopp und Zwangsaufenthalt. Die Crew der Buena Vista bucht kurzentschlossen einen Flug nach Rio. Astrid und Björn wollen Rio und die Copacabana und weitere südlich gelegenen Sehenswürdigkeiten besuchen und dann mit einem Fernreisebus zurückkommen. Neuer Sonnen- und Regenschutz Mittlerweile regnet es häufiger. Der Monsun, die Regenzeit macht sich bemerkbar. Es ist Mai, auf dem südlichen Erdenrund und es wird Winter. Die Temperaturen sinken kaum, noch immer zeigt das Thermometer muntere 28°, die relative Luftfeuchtigkeit liegt oft über 80%. Noch immer schlafen wir wegen der großen Hitze, die lediglich in den Morgenstunden ein wenig geringer ist, draußen in der Plicht. Unser Bimini hält tagsüber der brennenden Sonne stand, nicht jedoch dem immer wiederkehrenden starken Regen. Da tröpfelt es mal da mal dort und ist dann besonders in den Nächten ungemütlich, wenn wir mehrmals den Schlafplatz wechseln müssen. In dem Gedanken um die Anschaffung eines festen Biminis kommt daher auch ein größeres, über den Baum gespanntes Tuch in Erwägung. Ein Anruf bei einem Segelmacher auf der Insel Itaparica offeriert die Möglichkeit. Schon 2 Tage später ist seine Frau an Bord und alles schnell ausgemessen und der Auftrag perfekt. Nationalpark Chapada Diamantina Die Crews der Aleppo und der Equinoxe beraten einen Ausflug in den Chapada Diamantina, etwas über 400 Kilometer westlich von Salvador. Kurz entschlossen steigt auch die Crew der Mingula ein. Unser Ziel ist das ehemalige Diamanten- wäscherstädtchen Lençóis am Rande des Nationalparks. Die Attraktion des Parks ist seine landschaftliche Schönheit: Tafelberge, schroff aufragende Felsplateaus, Canyons, Wasserfälle, Grotten und Höhlen, dazu 60 Orchideenarten und seltene Bromelien begeistern den Naturfreund. Vereinzelt zeigen sich Papageien und Kolibris sowie seltene Finkenarten. Der 1. Tag, Reise und Lençóis Schon morgens um 0600 h treffen wir uns auf dem Steg und fragen uns gegenseitig ab: Pass, Fahrkarten, Wanderschuhe, Regenkleidung etc., und fahren dann mit 2 Taxen zum sehr gepflegten Busbahnhof Rodoviaria, der so weitläufig ist wie in Deutschland ein großstädtischer Hauptbahnhof. Schnell finden wir „unseren“ Bus. Der Fahrer prüft Reisepass und Fahrkarte, erst dann können wir einsteigen und uns auf den reservierten Plätzen für die nächsten sieben Stunden gemütlich einrichten. Die Busausstattung ist schön und sauber. Der vordere Teil, der Fahrer- und Beifahrerplatz sind vom Fahrgastraum getrennt. Der Beifahrer ist für Informationen und auch zur Herausgabe des Gepäcks zuständig. Die Sitzplätze bieten ausreichend Platz für die Beine. Anschnallen ist Pflicht. Die Fahrt geht durch sehr grüne, hügelige Weidelandschaft, mit Herden von „normalen Rindern und Zeburindern, das sind die mit dem Buckel auf dem Rücken. Auch sehr viele Pferde grasen auf den Wiesen. Wir passieren eine sehr abwechslungsreiche Landschaft und unendliche Zuckerrohrfelder. Nach vier Stunden gibt es bei einem Restaurant einen Pinkelstopp von 30 Minuten. Das Restaurant hat bereits ein Büffet aufgebaut, so dass geschmacksorientierte und temporeiche Nahrungsaufnahme gewährleistet ist. Ab hier wird die Gegend immer bergiger. Um 14h30 erreichen wir Lençóis. Wir steigen gerade aus und schon „überfallen“ uns etwa 15 junge Männer, selbsternannte Fremdenführer, einige ältere zeigen auch ihre Prospekte, doch nicht so aufdringlich. Die jungen preisen uns „ihre“ Pousada (Pension), nämlich die ihrer Mutter, Oma, Tante oder eines Onkels in den höchsten Tönen an, und wollen uns dorthin schleppen. Es herrscht ein erstaunliches Getümmel und Palaver. Noch unschlüssig entscheiden wir uns zu einem Spaziergang. 3 von uns bleiben beim Gepäck, 3 gehen mit nun noch 6 Führern zu den angebotenen Pousadas. Nach jeder unserer Absagen (zu klein, WC auf dem Flur, muffig, Wände nur bis 2,20 m Höhe gemauert und nach oben bis unters Dach offen) wissen sie die nächste – nur einige Minuten entfernt – anzubieten. Schließlich besuchen wir auch noch das FirstClassHotel der Stadt (hier begleiten sie uns nicht) und eigentlich ist für Berthold das Quartier nun schon gefunden. Doch Kurt lässt nicht locker und richtig genug, führen sie uns (zwischenzeitlich nur noch 4 Führer) zu einer innenstadtnahen Pousada, 250 Meter von der Bushaltestelle, rustikales Anwesen, am Hang gelegen, über mehrere Etagen, z ünftige Ausstattung, Zimmer mit Balkon, Swimmingpool etc., pro Zimmer incl. Frühstück 70 Real. Geht doch. Warum nicht gleich so? Vielleicht die Provision zu gering? Noch am Nachmittag erfragt die Wirtin auf unseren Wunsch einen deutschsprechenden Führer und wenig später stellt er sich schon vor: Tay, sympathischer Franzose aus Straßburg, er lebt mit Freundin und Kind seit einigen Jahren in Lençóis, seiner Wahlheimat. Wir tragen unsere Wünsche vor. Gleich vorweggesagt, auf die verschiedenen Grotten und auch die sehenswerte Tropfsteinhöhle Gruta do Lapão in der Nähe von Lençóis und die rd. 70 km entfernten Gruta Lapa Doce und Gruta da Pratinha) sowie auch auf dem Poço Encantado mit seinem blauen See (120 km entfernt) haben wir verzichtet. Von den bisher auf vielen Reisen besuchten Grotten und Höhlen wussten wir einander ausführlich zu erzählen und blaues Wasser hatten wir in letzter Zeit auch genügend gesehen. Danach hat er schnell ein für uns ansprechendes Programm zusammengestellt und schon am folgenden Morgen um 0900 h wird es losgehen. Wir erfrischen uns in der Pousada mit einem kühlen Bier, erkunden anschließend den Ort und landen am Abend in einem von unserem Reiseführer empfohlenen Restaurant. Dem zusätzlichen Rat, wir sollten für 6 Personen lediglich 3 Portionen bestellen, konnten wir aus unterschiedlichen Geschmackswünschen nicht nachkommen. Doch unser übergroßer Appetit hat die Speisereste klein gehalten. Noch ein Schlaftrunk auf dem Heimweg und schon suchen wir unsere Zimmer auf. Mitte des 19. Jahrhunderts lockten Diamantenfunde zahlreiche Menschen in diese Region (um 1850 ca. 30.000 Einwohner). Brasilianische und europäische Edelsteinhändler ließen damals- im Gegensatz zu den Lehmhütten der meisten Bewohner- verschwenderisch ausgestattete, zweistöckige Herrenhäuser aus Stein erbauen. Ende des 19 Jahrhunderts wurden die Diamantenfunde allerdings spärlicher. Außerdem führten die ergiebigen Minen in Südafrika zum Preisverfall, der die Edelsteinsuche hier unrentabel werden ließ. 1980 wurde die Suche endgültig eingestellt. Heute ist Lençóis ein schönes Städtchen mit etwa 9.000 Einwohnern, das sich in den letzten 150 Jahren architektonisch wenig verändert hat. Auch der zunehmende Tourismus hat bisher noch keine hässlichen Folgen hinterlassen, sondern zur Erhaltung der Bausubstanz beigetragen. Lençóis bedeutet übrigens „Leintuch“, weil die Diamantensucher und Goldgräber ihre Lager und Schürfstellen mit weissen Tüchern beschatteten. Der Ort bildet das Zentrum für Ausflüge in den 1985 eingerichteten riesigen Nationalpark. Der zweite Tag bedeutet für uns Wandern. Gerade aus dem Ort heraus, wähnen wir uns wie im Film. An einem Fluss, der 10 bis 20 Meter breit den Felsen herunterfließt und immer wieder in kleinen Tümpeln verharrt, sehen wir die größte Waschanstalt von Lençóis. Etwa 100 Frauen und Mädchen, viele Kinder spielen am Wasser, waschen hier Wäsche und legen sie zum Trocknen auf die Felsen links und rechts des Flusses. Es sieht wie ein riesiger Flickenteppich aus. Unser Reiseleiter Tay bekräftigt, dass hier jeden Tag, soweit es nicht regnet, Großer Waschtag ist. Wir halten uns rechts und flussaufwärts geht es über ehemalige Goldgräber-und Diamantenpfade, springen über Stock und Stein, klettern unter und über gewaltige Felsen, arbeiten uns von kleinem Steinblock zu mächtigem Steinblock den Fluss hinauf bis zu einem Wasserfall mit glasklarem Wasser. Tay zeigt uns schnell, wo unter dem Wasserfall geduscht wird und springt danach gleich in die große Badewanne davor. Danach geht´s erst mal den gleichen Weg zurück, doch biegen wir dann ab zum Wasserfall Ribeirão do Meio. Hier gibt es eine natürliche Rutschbahn, auf der man auf dem Hosenboden die ausgewaschene, felsige Wasserrinne hinunter rutschen kann. Es sieht nicht sehr bequem aus, so überlassen wir den Spaß Kurt. Er schwimmt von unserem Lagerplatz hinüber, erklettert am Rande des Gesteins eine beachtliche Höhe um dann – einmal ins Rutschen geraten – bremsenlos holpernd über die Steine in das darunter liegende Becken zu rutschen. Unseren Beifall nimmt er gelassen entgegen.. Nach einer weiteren Stunde Wanderung (nicht von Stein zu Stein springen), kommen wir ganz in der Nähe von Lençóis zu vielen kleinen Tümpeln. Schnell wieder ein Bad, wobei man bergabwärts über den ausgewaschenen Steinen von einem in das nächste Becken rutschen kann. Wir kommen in der Dämmerung nach Lençóis zurück. Hier besuchen wir noch die Pousada einer deutschen Auswanderin (leider bei unserer Anfrage ausgebucht), lassen uns abseits vom Herrenhaus in einer kleinen offenen Buschbar zu einem erfrischendem Umtrunk nieder und nach kurzer Zeit wird die Buschküche aktiviert und wir werden mit brasilianischen Köstlichkeiten verwöhnt. Ein toller Tag. Der dritte Tag, Besuch der Tafelberge Tay holt uns mit einem Landrover, in dem wir alle Platz finden. Wieder über Stock und Stein erreichen wir einen Fluss, an dessen Ufern wir nach etwa 1 Kilometer zu einem 25 m hohen Wasserfall kommen. Das Wasser ist moorig schwarz. Flussgrund und Steine nicht zu sehen. Tay weiß jedoch einen wunderbaren Kopfsprungeinstieg. Erst als er wieder auftaucht, folgt Berthold ihm und sie schwimmen nun unter den Wasserfall. Hier herrscht ein wildes Getöse des Wassers und eine Rufverständigung ist nicht mehr möglich. Und wenn erstmal das Wasser auf den Kopf plätschert, ist auch nur noch schemenhaft etwas zu erkennen. Langsam klettern wir bergauf. Irgendwann ist Tay gesprungen. Sein Auftauchen konnte Berthold nicht sehen. Aber nur durch einen Sprung in das dunkle Wasser ging es zurück. Der Weg zurück führt uns zu einer kleinen schon angefeuerten Grill- station. Natürlich halten wir Einkehr und schon sind die niedlichen handgroßen Äffchen um uns herum, weil es bei uns doch etwas zu knabbern gibt. Auf dem Weg zu den Tafelbergen besuchen wir einen Orchideen- garten. Hunderte verschiedenfarbiger und verschiedenartiger Orchideen wachsen hier. Danach noch einige Kilometer mit dem Auto und wir erblicken die Tafelberge und den Morro do Pai Inácio, 1.120 m hoch und das Wahrzeichen der Chapada Diamantina. Nach einem gesicherten Aufstieg bietet sich von dem Plateau eine herrliche Aussicht in die Chapada. Von hier oben ist ein etwa 80 km langer Wanderweg durchs völlig unbewohnte Land auszumachen. In Christels Augen erkenne ich Wandersehnsucht. Auf dem Rückweg nach Lençóis kommen wir an grossen Feldern mit Mamona-Pflanzen vorbei. Aus dem Samen dieser Pflanze wird Oel gepresst und aus 100 Litern von diesem Oel gibt es 90 Liter Bio-Diesel. Wir finden das sehr interessant, zumal wir auch noch das Auto auftanken müssen. Tay füllt Benzin mit Alkohol ein. Dieser Alkohol kommt vom Zuckerrohr. In Brasilien dürfen keine PKW’s mit Diesel fahren. Diesel ist nur für die Trucks bestimmt. Um 1800 h liefert uns Tay in unserer Pousada wohlbehalten ab. Noch müssen wir schnell in die Stadt und einige leckere Sachen für das für morgen geplante Picknick kaufen. Der vierte Tag heißt paddeln Schon um 0730 h holt Tay uns von der vorzüglich gedeckten Frühstückstafel. Der erste Weg führt uns über sehr unebene Wege in ein ehemaliges Sklavendorf. Hierhin weit in den Busch flüchteten ehemals entlaufende Sklaven. Heute ist hier eine Ansammlung von etwa 15 Hütten und Häuschen, die sich um einen großen Platz gruppieren. An einem der Häuschen stehen Paddel und hängen Rettungswesten, so erkennen wir gleich, dass wir bald wieder Wasser unter dem Kiel haben werden. Der Dorfälteste bekommt üblicherweise einen Besuchsobolus (wir nannten es Eintrittsgeld). Mit diesem Geld wird die bescheidene Schule unterhalten. Erst vor 3 Jahren wurde Elektrizität ins Dorf gebracht. Während Tay die Modalitäten einer Kanutour bespricht, können wir uns einer Besichtigung des Dorfes widmen. Doch schon sind Rettungswesten, Paddel etc. auf den Wagen geladen. Ein einheimischer Bootsführer findet außen am Landrover noch ein Plätzchen um sich zu halten und fährt so auch einige hundert Meter mit zu dem Rio Santo Antonio mit einer Anlegestelle für Kanus. Wir besteigen ein großes Kanu (auch wir „see-erfahrenen“ bewegen uns zu Anfang sehr vorsichtig, damit das Kanu nicht zu sehr schaukelt. Und ab geht es. Die Ufer und mit ihm Seerosen, Papyrusgras, Wasserlilien und alle Sumpfgewächse spiegeln sich in dem dunklen Moorwasser. Viele bunte und einige schwarzweiße Vögel begleiteten uns. Auf einer Seite Wald auf der anderen Gras- bzw. Buschland. Mehrere Male wachsen Seerosen und Anemonen bis zur Ufermitte, so dass wir sie teilend durchfahren. Einmal stecken wir in einer weiten Seerosenlandschaft fest. Die Paddel werden fast achtlos in die Rosen gestoßen, dem Blumenfreund tut so etwas weh, doch wir müssen weiter und so gelangen wir bis zum Rio Roncador. Kurz darauf wird der Fluss breiter und das Wasser untief, das Kanu wird auf eine Sandbank gezogen. Wir können einige Hundert Meter weiter den Fluss durchwaten, nur von dort führt ein Weg bergan. Tay musste derweil noch mal schnell hinter die Büsche. Eigentlich ein einfaches Unterfangen, doch ungestüm laufend kam er zurück. Moskitos hatten ihn überfallen. Nun flink Autan etc. raus und wir uns alle eingerieben. Tay wunderte sich, dass wir auch ein Mittel für nach dem Stich dabei hatten und freute sich über die Einreibung von weiblichen Händen. Später stellten wir fest, dass er mindestens 50 Stiche davongetragen hat. Ein weiterer Pfad führt uns zu einem Wasserfall mit mehreren aneinander verbundenen ausgedehnten Wasserbecken. Hier richten wir uns zum Picknick ein und machen mal wieder Badepause. Tay kann uns einige Wasserfälle hinab zu einem beeindruckenden Canyon führen. Hier ist die Flut doch so gewaltig, dass ein Schwimmen verboten ist. Auf der Rückfahrt müssen wir das Kanu gegen den Strom fahren und benötigen dafür etwa 3 Stunden. An der Anlegestelle angekommen, können wir den einheimischen Frauen beim Geschirrspülen zusehen; in dem Flusswasser neben den Kanus. In der halboffenen „Dorfbar“ nehmen wir einen Abschiedsdrink und fahren im Dunkeln wieder heim nach Lençóis. Der 5. Tag und Rückreise Ein mit Lieblingszutaten (Picknickreste) bereichertes Frühstück lässt uns noch einmal die morgendliche Runde mit Blick auf die Berglandschaft mit dem satten Grün genießen. Mit unseren Taschen und Rucksäcken gehen wir so rechtzeitig zur Bushaltestelle, so dass wir noch die Gelegenheit haben, uns auf halbem Weg von der Bar unseres abendlichen Schlaftrunks zu verabschieden. Hier lassen wir die Tage in Lençóis Revue passieren. Noch einmal das erste Bad im Wasserfall, die Wasserrutsche, die Tafelberge, die Paddeltour, der Canyon und das Besondere dazu: 3 Tage keinen Regen. Eine Frau, sie trägt ihre gewaschene Wäsche auf dem Kopf, kommt vorbei, eine andere, sie balanciert einen großen Kessel Wasser auf dem Kopf. Ihr folgt eine Putzkolonne, überwiegend Frauen, mit ihren zünftigen Naturbesen. Ja, in Lençóis werden täglich Plätze und Straßen gefegt. Eine saubere Stadt. Wir sind wieder einmal begeistert von Ort und Park, obwohl wir doch nur so wenig gesehen haben. Sollten wir vielleicht noch einmal für eine große Wanderung hier einkehren? Dann kommt auch schon pünktlich der Bus und wir machen es uns bequem. Nur wenige Reisende ermöglichen es uns, jeder einen Fensterplatz einzunehmen und die befahrene Gegend zu genießen. Nach 2 Stunden ist wieder ein kleiner Aufenthalt eingeplant. Am Abend erreichen wir den Busbahnhof von Salvador, 2 Taxen bringen uns schnell zur Marina. Tolle Überraschung. Wasser im Schiff. Hatten wir doch unseren Lüfter neu abgedichtet, geprüft und wasserdicht bezeichnet. Wat nu? Woher kommt denn immer noch Wasser? Auf dem Salonboden steht Wasser. Nicht hoch, doch unangenehm. Die Bilge ist noch trocken. Es ist, der größte Schreck vorbei, Süßwasser. Wassertanks dicht? Ist es also Regenwasser? Bislang war es nur im WC nass und einige Rinnsale in den Salon gelaufen. Christel ist schnell dabei, das Wasser aufzunehmen und stellt schon fest: Der Fußboden ist hin. Das Holz hat Wasser gezogen. Noch einmal alles durchsehen, alle im Cockpitbereich befindlichen Schrauben nachziehen und siehe da, unter der festen Scheibe im Cockpit ist ein Schraubloch von einem früheren Tenax-Bolzen zu sehen, in dem sich nun selbstverständlich keine Schraube befindet. Bei starkem Regen oder auch Schwell wird das Wasser unter den Rahmen geleitet und so kann das Loch Wasser ziehen. Wir können es mit Tesafilm überkleben und somit kinderleicht abdichten. Ribeira, Pier Salvador Einige Tage später verholen wir in die Marina von Ribeira, etwas nördlich von Salvador. Sie ist auf keiner Seekarte, weder Papier noch elektronisch, zu finden. Auch die Seehandbücher verschweigen sie. Die Aleppo und die Delphin hatten sie bei einem Landausflug entdeckt. Die Segelanweisung an uns: Nur bei Hochwasser anlaufen. Nördlich der Landnase ist eine rote Tonne zu sehen, diese backbords runden und dann südlich halten. Genau, nur so geht es. Angekommen werden wir vom Hafenmeister und seinen Marineros an einen freien Mooringliegeplatz am Steg gewunken. Die Bugleinen werden angenommen und belegt während die Mooringleine achtern vom Dinghi-Marinero belegt wird. Wir schauen interessiert zu und können signalisieren, dass wir mit ihrem Manöver sehr zufrieden sind. Da erscheint ein weiterer Marinero auf dem Steg. Gekonnt balanciert er ein Tablett mit 2 Longdrinks und bietet sie uns zur Begrüßung an. So einen willkommenen und servicegeladenen Anleger hatten wir bisher noch nicht. Heimflug Unsere Aufenthaltsgenehmigung für Brasilien neigt sich dem Ende. Die Regenzeit beginnt. Wir wollen keine Verlängerung beantragen. Wir haben Heimweh. Wir haben einen Hafen gefunden, in dem wir die Equinoxe beruhigt einige Zeit alleine lassen können. Wir buchen einen Heimflug. Kurt und Karin ergattern den gleichen Flug und so verabschieden wir uns im Flughafen von Frankfurt. Sie fliegen weiter nach Wien und wir setzen uns in den Zug nach Essen. Bericht vom 10. April 2009 Wie Du ja weißt, sind wir inzwischen in Salvador angekommen und erkunden nun die Bay mit ihren kleinen Baias und Flüssen. Der Aratu Iate Clube bietet 3 Tage kostenloses Liegen an einer Mooring, viele saubere Duschen, einen Pool, ein preisgünstiges Restaurant mit sehr aufmerksamem Personal und bis auf die Ankerplätze WiFi. An die Wärme bzw. Hitze können wir uns immer noch nicht gewöhnen. Heute ist es bewölkt und es geht ein Wind von 2 – 3 Bft. Dank eines Windsacks durchflutet er auch den Salon. Kommt Christel gerade runter und meint: oh, hier ist es aber kühl. Ja stimmt. Nur noch 30 Grad. Die Wassertemperatur liegt bei 28-29. Welch eine Erfrischung. Hast ja Recht. Wenn einer so etwas genießen darf, kann er gut lästern. Ich sende Dir mal ein paar Bildchen mit Palmen, damit Du noch heißer auf die kommende Saison wirst.