Kleines ABC zur Flaggenführung
Mit den Umgangsformen unter Seglern ist es nicht anders als mit denen an Land. Manch einer glaubt, ohne sie auszukommen, und hält auch die Regeln für korrekte Flaggenführung für überholt. Welche Hintergründe einige der Gebräuche und Gesetze haben und weshalb man sich trotzdem daran halten sollte, klärt dieser Artikel. Denn schlechte Seemannschaft ist nicht nur fahrlässig, sondern kann auch teuer werden.
Wie verhalte ich mich denn nun richtig?
Kaum ein Thema wird ähnlich emotional diskutiert
Der Grund ist simpel. Lange Zeit wurde die Existenzberechtigung derartiger Vorschriften so wenig in Frage gestellt wie die Vorfahrtsregeln. Zwar bot der Umgang unter Seglern schon immer Gesprächsstoff, gab es immer schon gutes und schlechtes Benehmen. Und gewiss gab es auch immer schon Segler, die eine festgelegte Etikette für entbehrlich hielten. Aber man muss zur Kenntnis nehmen, dass bis etwa vor einer Generation nicht ernsthaft in Frage gestellt wurde, dass es so etwas wie Yachtgebräuche als Ideal gibt, an dem man sich orientieren sollte. Dies hat sich grundlegend geändert. Kaum ein Thema wird in den einschlägigen Foren ähnlich emotional diskutiert wie die Frage, ob die abendliche Flaggenparade heute noch zeitgemäß ist, was unter Seglern als guter und was als schlechter Stil zu gelten hat und ob traditionelle Gepflogenheiten dabei als Orientierung dienen sollten. Ob sie, kurz gesagt, den Segler auch jetzt noch zieren oder ihn, umgekehrt, als ewiggestrig ausweisen.
Die Flaggenparade hat einen ernsthaften Hintergrund
Alte Bräuche wie der Schluck für Rasmus zu Beginn der Reise, Rituale also, die tatsächlich keinen praktischen Sinn erfüllen, seien heute kein fester Bestandteil mehr. Anders verhält es sich mit dem Ritual der Flaggenparade. Aber das hat auch einen ernsthaften Hintergrund, der wiederum auf dem guten Miteinander beruht.
Wir haben es mit Seglern aus ganz Europa zu tun und wollen unter ihnen das Bewusstsein schaffen, dass wir alle zu Gast sind. Im Auslandshafen wird daher nicht nur die Nationalflagge am Heck morgens gesetzt und abends niedergeholt, sondern auch der Gastlandsstander unter der Saling. Es gibt zahlreiche Häfen, in denen umgekehrt die Nationalflaggen der Gastlieger gesetzt werden, da ist es ein Akt der gegenseitigen Hochachtung, auch die Flagge des Gastgebers mit dem entsprechenden Respekt zu behandeln.
Wann muss welche Flagge wo gesetzt werden?
Aus dem gleichen Grund wird es als unhöflich empfunden, wenn Gastlandsflaggen während der Reise „gesammelt“ werden. Lediglich am Tag der Heimkehr ist es üblich, die Flaggen aller während des Törns besuchten Länder in der Reihenfolge des deutschen Alphabets bis zum Sonnenuntergang unter der Steuerbord-Saling zu setzen.
Ebenfalls als Zeichen der Ehrerbietung ist der Gastlandsflagge mit Steuerbord die feine Seite vorbehalten. Der Club- oder Vereinsstander wird, sofern er nicht im Topp seinen Platz findet, unter der Backbordsaling gesetzt. Er weht auch, wenn niemand an Bord ist.
Die Gastlandsflagge hingegen wird bei Abwesenheit der Crew, ebenso wie die Nationalflagge, eingeholt. Auf See soll unter der Saling außer einer Gastlandsflagge und einem Vereins- oder Clubstander ansonsten nichts wehen, um Verwechslungen mit Flaggensignalen wie dem internationalen Notsignal N über C auszuschließen.
Korrekter Umgang mit der Nationalflagge an Bord ist gesetzlich geregelt
Flaggen und Stander sollten in einwandfreiem Zustand sein, bis unter den Flaggenknopf oder die Saling vorgeheißt werden, und die Flaggleine sollte keine Lose haben.
Anders als die tradierten Yachtgebräuche ist der korrekte Umgang mit der Nationalflagge an Bord im Gesetz geregelt. Das beginnt mit ihrem Aussehen, das in Artikel 22 Grundgesetz genau beschrieben wird – sie ist schwarz-rot-gold mit einem Seitenverhältnis von 3:5. Eine Europaflagge ist daher kein Ersatz. Auch dann nicht, wenn sie in der Gösch, dem „Liek-seitigen Obereck“, schwarz-rot-gold ist.
Die Bundesflagge ist laut Flaggenrechtsgesetz auf den Seeschifffahrtsstraßen, in Küstengewässern, auf See und im Ausland von allen zur Seefahrt bestimmten Schiffen zu führen, deren Eigentümer Deutsche sind und die ihren Wohnsitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes haben. Darunter fallen auch nicht registrierungspflichtige Sportboote. Bei Verstößen droht ein Bußgeld.
Weshalb werden die Flaggen nachts eingeholt?
Die Nationalflagge muss, so verlangt es der Gesetzgeber, jederzeit gut sichtbar sein. Daher soll sie an einem etwa 40 Grad geneigten Stock am Heck gesetzt werden, der mittschiffs oder leicht nach steuerbord versetzt steht. Auf See kann sie im Achterliek des Großsegels oder bei mehrmastigen Yachten im Topp des achteren Mastes gefahren werden. Das Achterstag steht als Ersatz für den Flaggenstock im schlechten Ruf.
Die Flaggenparade ist nicht gesetzlich geregelt, sondern internationaler Seemannsbrauch. Im 17. Jahrhundert wurde ein Beamter der Royal Navy auf die hohen Kosten für Flaggentuch aufmerksam. Er setzte durch, dass die Flaggen bei Sonnenuntergang einzuholen und erst bei Sonnenaufgang wieder zu setzen waren. Die Kosten wurden so um die Hälfte gesenkt – und die Vorschriften zur Flaggenführung wurden Seemannsbrauch.
Korrekte Flaggenführung: Einholen sollte zu bestimmten Zeiten erfolgen
Seither werden die National- und Gastlandsflaggen vom 1. Mai bis 3. September um 8 Uhr morgens gesetzt, in den übrigen Monaten um 9 Uhr. Eingeholt wird sie abends bei Sonnenuntergang, spätestens aber um 21 Uhr. Auch das wird im Ausland nicht selten als Akt der Höflichkeit betrachtet.
Man wird heute bisweilen dafür belächelt; denn die Leute hinterfragen nicht, warum wir das machen. Wenn man umgekehrt fragt, warum andere das nicht tun, dann sind sie meist verlegen.
Gesetze zur Flaggenführung
Im Gegensatz zu den Yachtgebräuchen gibt es zum Thema Flaggenführung gesetzliche Vorschriften. Wer sie missachtet, kann sogar zur Kasse gebeten werden.
Nationalflagge
Für Yachten gilt das „Gesetz über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe“ (Flaggenrechtsgesetz). Demnach sind auf Binnengewässern Schiffsführer nicht dazu verpflichtet, die Nationalflagge zu hissen. Auf den Seeschifffahrtsstraßen, in Küstengewässern, auf See und im Ausland allerdings ist die Bundesflagge gemäß Paragraf 1 Flaggenrechtsgesetz „von allen zur Seefahrt bestimmten Schiffen, deren Eigentümer Deutsche sind und die ihren Wohnsitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes haben, zu führen“.
Sie ist schwarz-rot-gold, was sogar im Grundgesetz festgelegt ist. Eine Europaflagge mit schwarz-rot-goldener Gösch ist demzufolge kein Ersatz. Und: Die Bundesflagge hat ein Seitenverhältnis von 3:5 (Anordnung von 1950).
Sie soll am Stock gesetzt werden, der etwa 40 Grad geneigt ist, damit die Flagge auch zu erkennen ist. Der Stock steht mittschiffs am Heck. Falls das konstruktiv unmöglich ist, darf er nach steuerbord versetzt werden. Unter Segeln kann die Flagge auch am Achterliek des Großsegels gefahren werden. Das wird beispielsweise auf Traditionsseglern mit Gaffelrigg noch häufig praktiziert.
Bei mehrmastigen Yachten kann sie auf See im Topp des achteren Mastes gefahren werden. Nach „Seeklar zurück“ ist sie jedoch am Flaggenstock zu führen – aus Respekt gegenüber der Gastlandsflagge, denn die Nationalflagge sollte tiefer wehen als diese.
Lange galt es als Sakrileg, die Nationalflagge am Achterstag zu fahren. Dem Gesetzgeber allerdings kommt es darauf an, dass die Flagge am Heck weht und gut sichtbar ist.
Die Flagge wird vom 1. Mai bis 3. September um 8 Uhr morgens gesetzt, in den übrigen Monaten um 9 Uhr. Eingeholt wird sie abends bei Sonnenuntergang, spätestens aber um 21 Uhr.
Gastlandsflagge
Die Flagge des Gastlandes wird als alleinige Flagge unter der Steuerbordsaling gesetzt. Sie wird dicht unter die Saling vorgeheißt, die Flaggleinen haben keine Lose. Von Auslandsfahrt heimkehrende Yachten können am Tag der Heimkehr mit Erreichen der deutschen Hoheitsgewässer die Flaggen der besuchten Länder in alphabetischer Reihenfolge zeigen, bis sie am Abend niedergeholt werden. Es ist nicht mehr üblich, das Prozedere am folgenden Wochenende und zum Absegeln zu wiederholen. Während der Auslandsfahrt die Gastlandsstander unter der Saling „zu sammeln“ kann als unhöflich missverstanden werden und zählt daher nicht zu den üblichen Gepflogenheiten.
Vereinsstander
Traditionell im Topp, wird er heutzutage üblicherweise unter der Backbordsaling gefahren. Er weht bei Tag und Nacht, auch wenn niemand an Bord ist. Um eine Verwechslung mit dem internationalen Notsignal „N über C“ zu vermeiden, soll nur ein Stander gesetzt werden, auch wenn die Yacht bei mehreren Vereinen eingetragen ist – beispielsweise im Hafen der heimische Stander.
Sonstige
Die Europaflagge oder eine fremde statt der eigenen Nationalflagge verstößt gegen das Flaggenrechtsgesetz. Dieses sieht schlimmstenfalls Freiheitsstrafe vor. In der Praxis wird die Wasserschutzpolizei eine Verwarnung aussprechen oder ein Bußgeld erheben. Fantasieflaggen gehören im Hafen mittlerweile zum typischen Bild, sind aber auf See nicht zu zeigen.